BUCHCOVERREZENSION
Menard.o Hospital

OLIVER MÉNARD –

Das Hospital

Oli ist wieder in Hochform. Nach „Federspiel“, wo er ganz andere Recherchetaktiken praktiziert, als die Polizei erlaubt, geht er diesen Weg weiter, okay, Christine Lenéve, Journalistin aus Leidenschaft, darf in diese bittere Gurke beißen. Im Schlepptau Albert, dem ehemaligen Hacker, mit dem sie mittlerweile zusammenwohnt. Herr Ménard ist, wieder, eine Sammlung von beschriebenen Seiten gelungen, die man in einem Stück durchziehen wird. Mitten im sonnendurchglühten Berlin wird eine Wasserleiche aus der Spree geborgen. Verstümmelt wie sie ist, wird sie jedoch recht schnell identifiziert, der Täter sieht sich ja als Künstler und seine Leichen als Kunstwerke mit Namen. Der Typ steht völlig hinter dem Mond und ist so was von sich überzeugt, hält sich für eine Art Gott. Ist auch nicht der erste Fall dieser Art. Die Polizei steht vor Rätseln. Wen man hilflos ist, sucht man sich Hilfe und schon muss sich das, muss man ja mal neidlos zugeben, bewährte Recherchepärchen Christine und Albert auf die Socken machen, da der Freund und Helfer, sowohl in Uniform, als auch zivil verkleidet, mal wieder keinen Stich sieht. Wer weiß, welche schlechten Erfahrungen Oli mit der Staatsmacht hatte, Vertrauen zum großen Nachbarn im Polizeirevier hat er jedenfalls nicht. Oder nur stark so beschränkt, dass die Exekutive zur Helferzelle mutiert, da Christine und Albert das bittere Sorbet auslöffeln müssen. Und unsere demokratisch-staatlichen Schutzorgane nur zuarbeiten. Der Brausepaul, den Oliver hier ausgebuddelt hat, ist über alle erhaben, wähnt sich als unangreifbar. Er verkauft seine Morde an Leute, die dafür zahlen, ihm zusehen zu dürfen, wie er sein „vorkünstlerisches Werk“ ausführt, sprich seine „Leinwand“ herrichtet. Hinterher friert er seine Opfer ein, um sie dann „künstlerisch“ zu „bearbeiten“. Der Typ ist völlig gestört und es gibt nur zwei Tipps, wenn man solchen Faulnasen über den Weg läuft. Entweder Ihr lauft ganz schnell weg, in der Hoffnung, dass er Euch nicht erwischt oder Ihr legt ihn gleich um, damit Ihr überlebt( aus dem Film mit John Travolta „From Paris with Love“, „Wenn ich sag, leg den Wichser um, dann leg den Wichser um“). Andere Alternativen gibt es nicht, es sei denn man ist Parteimitglied der Grünen, die ja einige Erziehungsprogramme auf dem Tablett haben, nur dann ist es für einige „Werke“ des „Eismannes“ zu spät, und das könnte man dann selbst sein. Oliver Ménard kreiert eine so dermaßen gestörte Persönlichkeit, die man nicht gleich erkennen kann, aber mit seiner Hilfe hat man, vielleicht, doch eine Chance mehr, unter solchen desorientierten Vollpfosten aus dem Wege zu gehen. Ist die Alternative für den Leser, nur Christine hat diese nicht. Ihr geistiger Vormund hat es wieder richtig krachen lassen. Wenn der „Eismann“ klingelt, dann verschließt die Türen und vernagelt sie, gleich mit den Fenstern. Nur Christine und Albert müssen diesen Kelch bis zur Neige nehmen, wobei sie nicht, sei es Odin gedankt, allein dastehen. Und Oli hockt, an seinem Schreibtisch mit dem wohltemperierten Kaffeebecher in der Hand, daneben und feixt sich einen, er ist wieder fein raus. Hat seine Meute zum Halali angestiftet und, während sie die Drecksarbeit machen, ihr Leben riskieren,  streicht die er die Tantiemen ein. Schicksal eines Thriller-Autors, das er auch noch genießen dürfte. „Das Hospital“ sollte die Empfehlung sein, für den Verlag, den Mann mal weiterschreiben zu lassen, wer weiß, was Oli noch so ausgräbt. Für den Leser heißt das, bevor man den Blick vor der Realität verschließt, Augen auf!

(Knaur)

ISBN 978-3-426-51972-1   410 Seiten     9,99€ (D)   10,30 (A)

OLIVER MÉNARD – Federspiel – Archiv Oktober 2015