BUCHCOVERREZENSION
Heitz.m Exkarnation

MARKUS HEITZ –

Exkarnation – Krieg der alten Seelen

Markus Heitz! Ein Name, der in unserer Literatur einfach nicht mehr weg zu denken ist. Bevor dieser Mann arbeitslos werden sollte, werden wir weiter seine Bücher lesen und uns seine Sprünge in den Genres zu Gemüte führen. Und er ist in allen Gegenden zu Hause. Egal, wo oder/und wie er durch die jeweilige Welt tobt, eines wird bei Heitz zur Garantie. Man wird seine Bücher verputzen und das in Windeseile. Heute sind wir mal in Leipzig, wo Markus Heitz einen Flächenbrand in Gang setzt, dessen Löschen wohl sehr erschwert sein dürfte. Er holt alles raus, was es gibt, zumindest nach unseren Vorstellungen. Herr Heitz, das kann man ja, als treuer Leser, mit Fug und Recht sagen, hat weit mehr im Topf, als nur die Kohlen aus dem Keller zu holen und danach auf das Abendessen zu warten. Die Geschöpfe seiner Fantasie sind so vielfältig, WAHNSINN! Nur wandeln sie nicht immer auf blumigen Pfaden. Im Sachsenland bricht die ultimative Versammlung von Wesen aller möglichen Arten aus. Nur, eben nicht friedlich. Und das nicht nur in der Messestadt. Markus Heitz macht an vielen realen Punkten auf unserem Globus Halt, wo einige, seiner, Schöpfungen sich realisieren, um die Welt, je nach Vorstellung, verändern wollen. Kann das eine oder das andere heißen. Dieser Mann schreibt einfach nur genial. Das dürften zwar so manche seiner Figuren etwas anders sehen, aber dafür kann man dann nicht wirklich Markus verantwortlich machen. Er folgt nur dem Weg, den der Leser ihm vorgegeben hat. Oder er dem Leser versucht schmackhaft zu machen? Sucht es Euch aus. Fakt ist eins. Markus Heitz ist eine ganz besondere Macht im Schreiben von ungewöhnlichen Geschichten. Claire und, ihr Mann, Finn Riordan werden ermordet, Tochter Deborah bleibt bei Tante Nicola, Claires Schwester, zurück. Claire wird zu einer Seelenwanderin. Nur, der Körper in dem sie landet, war eigentlich jemanden anderes zugedacht. Sie gerät in einen, Jahrhundertelang währenden Krieg, zwischen Mächten, denen sie, allein, nie gewachsen wäre. Als Marlene von Bechstein, Geschäftsfrau, Mutter und Ehefrau von Eugen, kommt sie wieder in die Realität, nachdem ihr Original sich vom Leben durch Suizid verabschiedet hatte. Und macht Erfahrungen, Gott, da würde man lieber drauf verzichten. In ihrem neuen Dasein hat sie ihren alten Körper in der Pathologie gesehen, tot, natürlich. Von Finn ganz zu schweigen, den sie noch vor sich sieht, als er aus dem Auto steigt, nur, um ihr Fotos zu zeigen, und dabei ermordet wird. Markus Heitz sucht den Leser heim, wie General von Seydlitz-Kurzbach die „Rote Armee“, beim Durchbruch in den Kessel von Demjansk. Kein Entkommen. Ihr neues Seelendomizil war eigentlich Anastasia zugedacht, die, im Zuge ihrer geplanten Welteroberung, Lene von Bechstein um ihr Leben brachte, und nun ihr Erbe antreten wollte, mit ihrem Labor, das sich hervorragend eignet, illegal Substanzen herzustellen, die der Menschheit mehr als nur den Tod bringen sollen. Claire, nur durch ihren Willen, den Mord an ihr selbst und ihrem Mann, aufzuklären, ist der Usurpatorin etwas zuvor gekommen. Nur sitzt sie jetzt zwischen den Stühlen, die Reise nach Jerusalem heißen. Seelenwanderer unter sich, die über Gut und Böse entscheiden müssen, nur, wie lautet die wirkliche Definition? Werden Entscheidungen objektiv oder subjektiv getroffen? Heitz hat sich mal etwas ganz Besonderes ausgedacht und würzt das, zwischenzeitlich, mit Zitaten, von Leuten, die uns, mehr oder weniger, auch bekannt sein dürften. Der Weg der Seele, einen Weg, dem wir ja auch immer wieder nachforschen werden, da wir ja wissen wollen, was nach unserem „Tod“ so alles passieren kann. Jetzt haben wir eine Vorstellung davon, wie Seelenwanderung funktioniert könnte. Wie Leute, machtgeil, uns ausnutzen wollen. Was zwar nichts Neues ist, aber von  Markus auf ein völlig neues Level gehoben wird. Er mischt das bunt durcheinander. Gibt beispielhafte Bilder ins Hinterstübchen. Und! Er hat das „Bernsteinzimmer“ wiedergefunden! Wer Adolf Hitlers Seelenwanderer wirklich war, weiß er zwar auch nicht, sollte aber keinen Abbruch am Lesen tun, denn? Wer würde sich schon freiwillig melden, für die größte Katastrophe der Menschheit verantwortlich zu sein. Da dürfte wohl jeder, noch so abgebrühte, Seelenwanderer, sich nicht die Finger verbrennen wollen. Auf dem Olymp der Literaten sitzt Markus Heitz ganz weit vorn. Und diesen Stuhl wird ihm auch keiner streitig machen können. Maximal kann derjenige, der ihn herausfordert, sich daneben setzen, und von solchen Schreibern hat „Knaur-Droemer“ doch noch einige auf dem Plan, man muss sie nur für sich finden. Das Fazit heißt, hier und heute, Markus Heitz ist einer der besten Schriftsteller unserer Zeit. Und man will mehr von ihm sehen. Bevor dieser Mann arbeitslos wird, geht, wahrscheinlich, die Welt unter.

(Knaur)

ISBN 978-3-426-50592-2  604  Seiten     9,99€ (D)   10,30€ (A)

MARKUS HEITZ – Wédōra – Archiv Oktober 2016 - Tipp