BUCHCOVERREZENSION
Damhaug.t Netzhaut

TORKIL DAMHAUG  –

Netzhaut

Was für ein Thriller. Torkil beginnt etwas hölzern, nebulös ist wohl ist die bessere Informationsvariante. Dann schlägt er erbarmungslos zu, dreht die Garotte bis zum Anschlag. Was Herr Damhaug sich dabei gedacht hat, ist im ersten Moment noch nicht nachzuvollziehen, wird jedoch zu einem Novum. Er packt zwar die Handlung aus, aber der Leser tappt im Dunklen. Und da steht der Literaturkonsument nicht allein da. Viele, von T.D.s Figuren fanden, wahrscheinlich, schon in der Bibel Erwähnung. „Sie hüllen sich in seltsame Gewänder und irren planlos umher“. Auf die Kleidung muss man dann nicht wirklich achten. Wenn man zum Konsum dieser Seiten musikalische Unterstützung braucht, wäre Insomnium zu empfehlen. Unser Erzähler ist zwar Norweger, aber die Finnen sind einfach besser drauf, des Autors Probleme zu reflektieren. Torkil zieht. Sein Thriller wird zu einem Teil, zu dem man einen neuen Blickwinkel bekommt. Der Autor legt eine Spur von Brosamen, der Leser folgt. Er hat´s richtig drauf, Bilder zu erschaffen, sowohl bedrückende und beklemmende Situationen zu beleuchten, aber hat andersherum auch eine feine ironische und humorvolle Ader. Liss Bjerke gurkt in Amsterdam herum, als Model und Design-Studentin, zieht sich so manches Näschen rein und lässt eigentlich nichts aus, was man als unterhaltsame Party bezeichnen könnte. Dann wird ihre Schwester, Psychologin in Norwegen, als vermisst gemeldet. Liss hechtet nach Oslo, um sie zu suchen und ihre eigene Vergangenheit in den Niederlanden hinter sich zu lassen und zu vergessen. Kurz darauf wird Mailins Leiche, extrem entstellt, aufgefunden. Der Auftakt zu einem energiegeladenen Finale. Ein Mordfall in Bergen hat Ähnlichkeiten zum Ableben von Mailin. So einige tote Personen pflastern dann den Weg. Viele Verdächtige sind auf dem Tapet. Nach und nach dünnt Torkil diese Liste aus, bis, eigentlich, nur noch einer bleibt, allerdings hat der ein lückenloses Alibi. Der Mann hat´s drauf, alle in die Verwirrung zu treiben. Bis zum Ende hin hält er sich bedeckt, lässt alle schaufeln, nur um dann zu sagen, hätten wir hier die Schippe angesetzt, wären wir einen Schritt weiter gewesen. Das fasst man nicht wirklich. Ein eher unbekannter Name, aber ein Hammerthriller vom Feinsten. Ist die Katze gesund, freut sich der Mensch, alles klar. Nur wenn Menschen Katzen quälen und töten, wie er es am Anfang seines Romans anschaulich beschreibt, dann haben diese Menschen ein Problem. Der Katze hilft das nicht mehr. Wenn der Leser hätte eingreifen können, wäre das Buch nicht geschrieben worden. Torkil malt die düstersten Farben der Palette, die man haben kann. Und treibt es noch weiter. Sexuell missbrauchte Kinder und was kann dann passieren. Wenn Opfer zu Tätern werden, wo sie es besser wissen müssten. Aber der Trieb durchläuft eigene Wege, gerade wenn keiner da ist und helfen könnte. Herr Damhaug demonstriert sehr augenfreundlich, dass ein Thriller bis zur letzten Seite spannend und abwechslungsreich bleiben kann. Mit dem Quälen von Katzen werden wir aber noch ein Wort mit ihm reden müssen.

(Knaur)

 ISBN 978-3-426-50579-3   544 Seiten   9,99€ (D)  10,30€ (A)