BUCHCOVERREZENSION
Katzenbach.j DerWolf

JOHN KATZENBACH  –

Der Wolf

John Katzenbach ist auf den Spuren der Gebrüder Grimm, aber nicht auf den Versionen, die wir heute kennen. Von wegen Märchen, die Herren Grimm hatten so einige Morde auf ihrer Palette dabei, die sie dann, doch, kinderzimmergenehm, umwandeln mussten oder verändert wurden. Nur, für drei Frauen wird der Alptraum Rotkäppchens jetzt zur Realität. Der Wolf, der Böse, flaniert durch den Wald und kennt genau den Weg, der zur Großmutter führt. Einschließlich des Umfangs des Rote-Kappen-Lieferservices. Er kennt die Fragen, er kennt die Antworten. Und er will töten, sich selbst ein Denkmal setzen. Hat schon früher so ein, zwei, mehrere Morde verübt. Ob dann wirklich ein edler Jägersmann zur Rettung erscheint, dürfte im Bereich des Unmöglichen liegen. Die drei ausgesuchten Zielpersonen haben eins gemeinsam, rotes Haar. Sie sind unterschiedlich alt, kennen sich nicht und doch hat der Böse Wolf sie im Visier. Rote Eins, Zwei und Drei. Katzenbach zieht eine Person an Land, da sträuben sich alle Haare und rollen sich sämtliche Nägel auf. Man ist versucht, dem Schriftsteller die Polizei auf den Hals zu hetzen, beschreibt er doch einen „Kollegen“ auf Abwegen. Er passt ja selbst, fast, ins Täterprofil. Autor von Thrillern, älter schon, gut, da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf, oder doch nicht? Nur für die Rotkäppchen-Opfergruppe ist das wenig von Nutzen, entpuppt sich der Böse Wolf als Bedrohung, die nicht wirklich greifbar scheint. Sie bekommen, zeitnah den gleichen, nicht nachzuvollziehenden, Drohbrief, mit der Ankündigung ihres geplanten Ablebens. Genauso akribisch geplant, eine E-Mail mit persönlichen Videogigs, mit Aufnahmen aus ihrem Umfeld, die sie nicht kennen, also nur ein Böser Wolf gemacht haben kann. Katzenbach kratzt mit den Fingernägeln auf der Schiefertafel, Gänsehaut ist die Folge. Er lässt Böser Wolf planen und zwar minutiös. Und voller Vorfreude auf Morde, von denen er annimmt, dass sie sein bedeutungsloses, beschissenes Leben in ungeahnte, schwindelerregende Höhen treiben werden.  Die geplanten Opfer geraten in Panik, wie er es will. Antilopen, auf der Flucht vor den Löwen. Als Frau Böser Wolf hinter die Machenschaften ihres Göttergattens kommt, wird sie zur Komplizin, sie hat ja keine Ahnung, was ihr Lebenspartner wirklich geplant hat, immerhin ist er ja ein, wenn auch nicht ganz so erfolgreicher, Schriftsteller. Er ist eine Lichtgestalt in ihrem Dasein. Und Lügen fällt ihm leicht. Sie lässt sich beschwatzen. John Katzenbach ist ein unbestrittener Meister des Psychothrillers. Er lotet alle Seiten aus, um dem Leser seinen Roman nahe zu bringen. Alle Register werden malträtiert. Um den Druck auf seine Opfer zu erhöhen, tötet Böser Wolf die Katzen von Rote Eins, und schon hat er den Leser gegen sich. Wer tötet eine Katze, einfach so? John Katzenbach gibt dem Leser jetzt die Waffe in die Hand. Dem Wolf das Handwerk legen zu wollen, ist Priorität. Bis jetzt war er der Möchtegernautor und Mordplaner, einschließlich der Schwelger, in seinen Träumen ist er der perfekte Mörder. Bis dato war er es ja auch, nach mehreren Delikten ist ihm nicht wirklich einer auf die Spur gekommen. Mit anschließendem Thriller, den jeder kaufen sollte. Lang ist es her. Nur jetzt hat er die  Grenze überschritten. Ist schon furios, was Katzenbach hier dokumentiert. Alter, Menschen werden bedroht, aus einem penissteifen Gefühl heraus. Katzen werden getötet. Hier gibt es nur eine Antwort. Rotkäppchen muss zurückschlagen. Wenn nicht, wird es der Leser tun. Ob John Katzenbach das so einkalkuliert hat, ist nicht fraglich, nee, das wollte er so. Rotkäppchen auf dem ultimativen wir-töten-den-Wolf-Weg. Fragen an John Katzenbach haben wir trotzdem.

(Knaur)

ISBN 978-3-426-50071-2  509 Seiten    9,99€ (D)   10,30€ (A)