BUCHCOVERREZENSION
Etzoldv Staatsfeind

VEIT ETZOLD –

Staatsfeind

Im vorherigen Jahr hat er sich ja schon ein- und nachdrucksvoll angekündigt. Dass man dazu die Leseprobe empfiehlt, sich das neue Buch zu sichern, obwohl man gerade erst die Rezi vom letzten geschrieben hat, spricht doch Bände für einen Schriftsteller, der gnadenlos brutal durch unsere Vorstellungen von einem friedlichen Staat und Demokratie pflügt, wie ein Bulldozer. Aber, Herr Etzold folgt nur einem hüpfenden Ball, der immer wieder auf einer Straßenseite aufschlägt, die wir noch nicht im Gesichtsfeld haben. Er ist ja nun fast alles, angefangen von einem Schwarzseher, Anhänger von Verschwörungstheorien und er könnte auch als ein Umstürzler durchgehen, aber, eigentlich ist er nur ein Schriftsteller, der relativ nüchtern, wenn auch, mit einem genauso krassen, wie bedingungslosen Humor unsere heutige Situation beleuchten will. Wir sind keine Staatsbürger mehr. Nur noch Untertanen. Diese Lage der Nation hatten wir schon öfter in der Deutschen Geschichte und wo das hingeführt hat, sollte sattsam bekannt sein. Von Demokratie, was eigentlich Herrschaft des Volkes bedeuten sollte, ist in diesem Land nicht mehr viel zu spüren, auch wenn man daran glauben wollte, was so einige, in Aufbruchsstimmung, von diesem Staat erwartet hatten. Herr Etzold hat hier den Thomas Mann im Hinterkopf, und, eigentlich ist das richtig scheiße, weil wir uns genauso präsentieren. Veit hat sogar Recht. Wir sind nicht mehr die Menschen, die weltweit respektiert werden wollen. Nur, warum redet man das uns ein? Nach den zwei Katastrophen, „wenn auch nur knapp verloren“, ist das auch schwer vorstellbar das wir einen neuen Nationalismus wieder gebären könnten. Gerade wenn man in Grenzen denken soll, und/oder es auch noch will, die einem seit Jahrzehnten eingeimpft wurden. Nur, nach einer neuen industriellen Revolution, die „made in germany“ wieder zu einem Markenzeichen im internationalen Handel gemacht hat, egal aus welchem Teil dieses gebeutelten Deutschlands es kam, ist es doch eher noch schwerer, sich vorzustellen, das wir das nicht könnten. Warum wollen unsere Politiker, allen voran die erste Gratulantin zur Hochzeit von Margot und Erich Honecker, Bundeskanzlerin Merkel, genau das wollen? Die Frau ist eine Pastorentochter und sollte, eigentlich, geschult in christlicher Nächstenliebe sein. Davon künden zwar ihre Worte, die, wie die aller Politiker, von Friede, Freude, Eierkuchen tönen, nur, wenn es um einen wirklichen gemeinsamen nationalen, wie auch internationalen, Zusammenhalt, zum Wohle aller gehen sollte, sehen sich alle Politiker plötzlich auf der Wartebank und lassen sich die Sonne von ihren Konten in Übersee auf den Bauch scheinen. Der Bürger, der für diese Frau Steuer zahlen muss und sich seinen eigenen Gedanken machen möchte, wird bei Veit Etzold aktiv unterstützt. Der Religionsunterricht von Papa war wohl zwar vergebene Liebesmühe. Und unser Einheitskanzler, die Birne, hat hier wohl mehr Werk vollbracht und die Kanzlerin Deutschlands auf den Trip gebracht, so wie er es seit der „Wiedervereinigung“ stets gehalten hat, ihr Wählervolk zu ignorieren. Dazu haben die Nazis aus unserem Land der Dichter und Denker, ein Katastrophengebiet der Richter und Henker gemacht. Nur hatten die Hakenkreuzkrieger richtig gute Vorbilder. Allen voran die Katholische Kirche, und alle Kolonialmächte dieser Welt, einschließlich uns selbst, und unseres großen „Freundes“, der die indianische Urbevölkerung Nordamerikas fast ausgerottet hat. Inklusive einer Naturkatastrophe, die den Bisons, eigentlich der gesamten Fauna und Flora der Plains den Tod brachte. Veit Etzold ist nicht nur ein Schriftsteller. Wenn man dem Mann folgt, wird man sehr schnell herausfinden, dass er weiß, von was er spricht. Er schreibt ja nicht nur Bücher, er ist recht vielfältig in so manche Dinge eingebunden, die uns, in unserem Alltag nicht wirklich begegnen würden, wenn wir solche Informationen nicht selbst suchen wollten. Und da steht er immer wieder da und sagt, Leute! Ein genaueres Hinschauen kann nicht verkehrt sein. Veit Etzold ist auch so etwas, wie ein Anwalt, ein Mahner. Seine Bücher sind schon krass. Auch wenn er immer dem humorvollen Spiegel in der Hand hält und dann sagt, lasst uns doch mal gemeinsam hineinschauen. „Staatsfeind“ ist zwar mit sehr vielen fröhlichen Augen geschrieben worden, wie wir diesen Mann kennen und lieben, aber das ist keine Comedy. Hinter seinem Grinsen sieht man immer einen Ernst der Lage, den uns unsere Politiker gerne verschweigen. Dieses Jahr schreiben wir dreißig Jahre Mauerfall und Herr Etzold hat sich eine ganz besondere Überraschung ausgedacht, dieses Jubiläum zu feiern. Aber lest das selbst und eines geben wir noch mit. Wer Veit nicht kennt, hat die Welt verpennt.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-30668-0 457 Seiten € 10,99 (D) 11,30 € (A)

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