BUCHCOVERREZENSION
Gilman.d LegendenDesKrieges DerEinsameRitter

DAVID GILMAN –

Legenden des Krieges – Der einsame Reiter

Thomas Blackstone betritt wieder die Bühne des Lesenden. Mit seinem Bastardross, das einfach nur Pferd heißt. Und der Hundertjährige Krieg, dessen Ende er, in keinen Fall erleben wird, ist auch wieder präsent. Ist jedoch nicht wirklich interessant für ihn, er lebt für den Moment. Dass er seine Familie wiedersieht, die ihm genommen wurde. David Gilman ist wieder in der Spur, und so kann das hässlichste Ross dieser Welt seine Hufe wieder auf, und die Knochen der Widersacher seines Herrn in den Boden dieser Welt stampfen. Pferd ist wie Hund und Katze. Zwar ein bisschen unberechenbar, aber treu. Im Gegensatz zu Königshäusern, deren Arsch man zwar retten tut, aber wenn man Dankbarkeit erwarten wollte, wohl so ziemlich im Hintertreffen sein dürfte. Nachdem Thomas den französischen König Johann „le bon“, den Guten, welch Widersinn der Geschichte, töten wollte, gegen den Willen des englischen königlichen Thronnachfolgers, dem „Schwarzen Prinzen“, dessen Leben er ja mehrfach erhalten hatte, sieht er sich jetzt in der Ungnade des Erben der englischen Arsch-auf-dem-Sessel-Gemeinde, dem königlichen Kronenträgerhauses, das eigentlich auch nur mit Wasser kocht sollte, aber das überlässt man dann doch lieber anderen. Getötet werden nur die gemeinen Bauern, die sich nicht wehren können, arme Ritter, die kein Lösegeld einbringen, einfache Soldaten, die im Krieg ihren Kopf dafür hinhalten müssen, dass die „adlige“ Sippschaft, die den Vorteil hatte, mit dem Goldenen Löffel in der Fresse und dem Zuckerbeutel im Hinterteil geboren worden zu sein, ihr Vergnügen am Töten bekommt. Kinder und Frauen, die hilflos dem ungezügeltem Terror gegenüber stehen und zusehen müssen, wie ihre Familien ausgelöscht werden, dann selbst vernichtet werden, sind unseren blaublütigen Chargen genauso egal, wie das, was die Katze abends nach Hause bringt. Könige werden nicht so einfach getötet, egal wie viel Schuld sie am Elend haben. Und schon gar nicht von einfachen Kriegsknechten. Könige stehen über den einfachen Menschen, dürfen Leben nehmen, wie es ihnen beliebt und wenn der einfache Mensch, der ja eigentlich die Basis der Gesellschaftspyramide bildet, dann darunter leiden muss, dann kann man sich nur noch fragen, warum geistig minderbemittelte Schwachmaten, nur weil sie einen Adelstitel haben, solche Verbrechen begehen dürfen, und ein einfacher Mensch, der sich gegen Unrecht wehren möchte, plötzlich der Verbrecher sein soll. Da ist doch jeder Verständnishorizont überfordert. Und Sir Thomas Blackstone hat noch Glück. Er wird nur verbannt. Jetzt dient er als Söldner in Italien, wo sich die jeweiligen Stadtstaaten, die derzeit auf dem politischen Horizont agieren, sich gegenseitig bekriegen, ihre Flaggen in den Wind halten, der ihnen den größten Profit bringen wird und, sowohl reiche, als auch abnormale, Familien sich gegenseitig an die Gurgel gehen wollen. Aber immer nur unter der Bedingung, dass der „Pöbel“ bluten wird. Unter den damaligen, wie auch heutigen, Voraussetzungen wären das heute, wir. Herr Gilman hat einen sehr eigenartigen Humor. Wenn man so eine Reihe schreiben möchte, ist ja schon der dritte Teil, dann braucht man das, wahrscheinlich, auch. Die Gewalttaten, die er hier beschreibt, was zu dieser Ära an der Tagesordnung gewesen war, da kann man nur dankend sagen, wir hatten die Gnade einer späteren Geburt. Gegen solche Konsorten wie die Borgia oder Visconti verblassen selbst unsere Politiker und Lobbyisten, die sich heute ja doch noch an so ein, zwei Sachen halten müssen, zu Zweckgestalten, die Dir zwar nicht sofort das Hemd vom Leibe reißen können, es aber versuchen werden, sobald sie die Möglichkeit dafür sehen sollten. Nur eben nicht so brutal und selbstverständlich, wie damals. Dafür durch die Hintertür, siehe Rundfunk- und Fernsehgebühren. Sir Thomas Blackstone wird wieder nach England gelotst und betritt, hinter dem Rücken des Prinzen, angelsächsischen Boden, um an einem großen Ritterturnier teilzunehmen. Es soll bewiesen werden, dass er trotz allem, was über ihn erzählt wird, (Meuchelmörder sind unterwegs), er immer noch ein loyaler Untertan ist. Isabella von Frankreich, Königinmutter von Edward III. und Oma vom Prince of Wales, hat das eingefädelt. Während Vater Edward das, eher, gelassen sieht, ist Sohn Edward aus dem Häuschen, aber erst mal handlungsunfähig, da man allen Turnierteilnehmern freies Geleit zugesichert hatte. Dazu ist er noch richtig stinkig, Blackstone hätte ihn in diesem Turnier sogar bezwingen können. Aber das war ja Sinn der Sache, die Isabella die Schöne im Hinterkopf hatte. Diese Frau hat nicht nur Könige geboren, sondern auch um den kleinen Finger gewickelt. Thomas wird rehabilitiert und sofort wieder zu Kanonenfutter verarbeitet. Jetzt soll er wieder nach Frankreich übersetzen um König Johanns, seines Erzfeindes, Familie in Sicherheit zu bringen. Der französische König selbst ist ein Gefangener der englischen Krone, die jetzt lechzend dem Lösegeld entgegensieht, wegen dem man eben keine Könige töten darf. Thomas will auch seine Familie wiederzufinden, Isabella hatte ihm da Hoffnung gemacht. Dafür geht er jetzt in ein zerrissenes Land, das eigentlich nur noch ausblutet. Der Meuchelmörder, getarnt als ein Mann Gottes, war jedoch nicht auf den englischen Sesselwärmer angesetzt, sondern auf ihn. Das Motto: „Nimm ihm alles, was er liebt und lasse es ihn begreifen! Dann töte ihn!“. David Gilman verteilt seine Sympathien recht einseitig. Während Pferd sich hier richtig austoben kann, Haustiere scheinen uns doch manchmal näher zu stehen, als Menschen, welch Wunder, bei dieser Menschheit, versinkt Sir Thomas Blackstone im Alkoholsumpf. Pferd hat Frust und darf das ausleben. Knochen brechen. Thomas bleibt nur der Suff. Schön ist, wenn man Freunde hat, die, hinter dem Rücken des Schriftstellers, sagen, Thomas ist unser Freund und eine dementsprechende Entziehungskur einfädeln und dass Pferd immer der treue Begleiter sein wird. Das Bastardross ist zwar so ein bisschen wie eine Katze, wird bei Gilman aber garantiert nicht schnurren. Nur, wenn Thomas aus seinem Alkoholmissbrauch erwachen wird, dann sollte sich David Gilman richtig warm anziehen. Pferd kann rachsüchtig sein und wird Sir Thomas Blackstone weiterhin begleiten wollen.
(Rowohlt)

ISBN 976-3-499-29099-2 533 Seiten (gibt ein + dazu) 9,99€ (D) 10,30€ (A)

DAVID GILMAN - Der ehrlose König – Archiv Februar 2018