BUCHCOVERREZENSION
Horst.j.l Jagdhunde

JØRN LIER HORST –

Jagdhunde

Der erste Blick. Wer Krimis mag, wird Lørn mögen. Der Mann hat´s drauf. Ist schon Wahnsinn, was er hier zelebriert. William Wisting, Hauptkommissar der Kripos in Norwegen, stolpert über seine eigene Vergangenheit. Vor achtzehn Jahren verschwand ein junges Mädchen, tauchte nie wieder auf. Entführt? Verdächtige oder Täter, Fehlanzeige. Fallanalyse negativ. Kann schon recht einfach sein, dass auf eine vagabundierende und/oder pubertäre Zielfindung von Jugendlichen zu schieben. Vor allem dann, wenn es ein Fall ist, wo man nichts findet, was eine weitere Verfolgung dieser Angelegenheit rechtfertigen würde. Jedoch ein Kollege involviert war, der eine Familienangehörige verloren hatte? Ein Jahr später, fast das gleiche Szenario. Eine junge Frau ist verschwunden, nur kann man hier einen Entführungsfall, mit anschließendem Mord, einnorden. Wisting wurde als leitender Ermittler eingesetzt. Vor siebzehn Jahren. Heute tauchen in diesem Fall plötzlich Ungereimtheiten auf. Hier hatte man einen Verdächtigen. Den man, mittels einer DNA-Vergleichsprobe an einer Kippe überführen und zur Höchststrafe (in Skandinavien sind es einundzwanzig Jahre) verurteilen konnte. So gefährlich kann Rauchen sein. Der Typ hat seine Strafe abgesessen, kam sogar früher raus, nach nur siebzehn Jahren. Ist auf freiem Fuße und, jetzt, wollen er und sein Anwalt beweisen, dass er zu Unrecht verurteilt wurde, dass die Beweise, die zu seiner Verurteilung geführt haben, gefälscht, vertauscht, oder sonst wie manipuliert wurden. Man will William an die Wäsche, allen voran sein amtierender Polizeichef Audun Vetti, der ihn auch umgehend suspendiert, obwohl sie damals Hand in Hand gearbeitet hatten. Lørn hat sich Mühe gegeben, den Backofen schon mal vorgeheizt und will, jetzt, richtig dicke Brötchen backen. Das Medieninteresse an dem Fehltritt des Kommissars erreicht Wistings Tochter Line, eine Journalistin mit Herz, die, eigentlich und hochverdient, frei gehabt hätte. Die fette Schlagzeile ihres Arbeitgeberblattes will sie jetzt eliminieren, oder abschwächen, aber die Deadline für ihren Artikel macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Am nächsten Tag steht William Wisting im Fadenkreuz. Nicht nur die Journaille, auch seine Vorgesetzen, wetzen schon die Messer und Fleischerbeile. Da kommt einem sofort die Berliner Band „OST+FRONT“ mit ihrem „Metzgerlied“ in die Gedanken, obwohl sie doch, eigentlich, ein ganz anderes Thema hatten, als einen Hauptkommissar der Kripos Norwegen zu schlachten. Nur dürfte sich William Wisting genauso hilflos gefühlt haben, wie die virtuellen Opfer der Industriell-Metaller aus der deutschen Hauptstadt. Und die Musiker hatten es, obendrein, auch noch etwas leichter, denn nach dem Dreh gab´s dann Bier. Etwas, worauf der Hauptkommissar jetzt verzichten muss. Er muss nach seiner Freistellung vom Dienst, auf weniger offiziellen Wegen gehen. Den Nachgedanken zu folgen können, die seinen, damaligen Fall, der ziemliche Furore auffächerte, und ein Erfolg war, jetzt in eine Niederlage umgewandelt werden sollen. Herr Wisting ist ein Mann mit Rückgrat, sein Schriftsteller ist es auch, ohne Frage. Und Williams Tochter Line sollte man als furchtlose Kämpferin kennenlernen, die sich trotz ihrer Vorgaben ihres Brötchengebers, weit aus dem Fenster lehnt. Obwohl die eigentliche Sachlage offensichtlich eindeutig ist. Der Hauptkommissar hat dem Gericht gefälschte Beweise untergejubelt, um einen Mordfall aufzuklären. Und sich dabei profilieren wollte. Line mutiert zu einer neuen Jeanne D`Arc für Norwegen, während Papa William doch die Schleichwege bevorzugt und ein neuer Fall von Entführung zieht das Medieninteresse wieder an. Lørn hat seinen Ermittler zwar in den bezahlten Urlaub geschickt, aber dieser Fall passt genau in das Schema der damaligen. Ein Grund mehr, für den, eher besonnenen agierenden, Mann der Kripos, der ja auch noch suspendiert ist, über seinen Schatten zu springen. Seine Tochter macht ihm das vor, wo wäre er, wenn er es nicht auch machen würde. Aus einem, eher behäbigen und schon fast resignierenden, Charakter wird plötzlich ein gnadenloser Jäger, der für seine „Fehler“ sogar stehen will. Nur müssten die erst mal als solche definiert werden. Jubeln kann jeder. Guckt in den Bundestag der BRD. Die Pappnasen jubeln jeden Tag, und uns jedes Mal etwas neues unter, nur nichts Gutes. William Wisting ist weit davon entfernt, uns als Leser, dafür um Längen näher.
(Droemer)

ISBN 978-3-426-30628-4 397 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)