BUCHCOVERREZENSION
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DAVID GILMAN –

Legenden des Krieges – Der ehrlose König

Thomas Blackstone ist wieder auf Tour und kann sich, dank des sich dem mittelalterlichen Zeitraumes verschriebenen Reisebüros Gilman, wieder mit den Problemen seiner Zeit herumschlagen, sprich sich in den Anfängen des Hundertjährigen Krieges herum tummeln. Bevor man jedoch dieses Buch einatmen möchte, sollte man Davids Anmerkungen, am Ende seiner literarischen Streitbarkeit, lesen. Und hier sollte man mal anmerken, dass solche Nachworte sich besser als Vorworte eignen würden, da, gerade diese Zeit, sich, trotz aller historischer Romane über diese Zeit, immer noch glorreich verklärt wird. Ritterlichkeit! Außer den französischen Rittern, die damals der Realität entfliehen und nicht anerkennen wollten, eher ignorierten, und für Familienehre und auch andere eigene Interessen kämpften, gab es wohl keinen, der sich freiwillig in den Hagelschauer englischer Pfeile mit Langbogenqualität begeben hätte. Die Schlacht bei Crécy hat hier vielen das Fürchten gelehrt, wenn sie denn überlebten. Die Blüte der französischen Ritter war am Arsch, weil tot. Mittlerweile ist König Philippe Vergangenheit und Johann „le Bon“, dessen Name der Gute bedeutet, ist ein genauso schwacher Regent, wie sein Vater. Nur rachsüchtiger. Der französische Thronzögling ist jedoch aktiver, als sein Erzeuger. Ehrlos? In jedem Fall, weil er seine königlichen Insignien in jeden Wind hineinhält, der ihm kleine Vorteile bringt. Le Bon? Der Gute? Schwer zu sagen. Ist aber hier nicht unser Problem. Die Loyalität, Jungfrauen zu beschützen und mit denen neue Helden zeugen, da dürfte wohl so mancher Adlige jedoch eine neue Schaffenskraft gezeigt haben. Viele Ritter der Grande Nation, der Zeit, waren, sogenannte Bastarde, mit wenig Ausblick auf ein ansprechendes Erbe, und damit sehr ehrgeizig, alteingesessene adlige Häuser zu verdrängen, mittels ihres Mutes auf dem Schlachtfeld. Nur waren die Franzosen damit allein, auf dieser Welt. Zufriedene Bauern, die aufopferungsvoll ihren „Herren“, von Gott gewollt, dienen. Wohl eher Fehlanzeige. Diese Bevölkerungsschicht war nur froh, den nächsten Tag zu überleben. Was nicht wirklich einfach gewesen sein kann. Galgen, Folterstellen, Massaker, Massengräber, überliefert in der Geschichte, dürften eine andere Sprache zum Ausdruck bringen. Kraftvolle Streitrosse, die ihren strahlenden Ritter in die Schlacht und zum Sieg über das ewig Böse tragen, samt der ehrenvollen Ausrüstung, die sie mitführen, sei es Schild und Schwert, Morgenstern oder Kriegsaxt und eigene Namen haben. Das waren doch wohl eher Ausnahmen. Herr Gilman versucht hier etwas am Lack zu schaben und das gelingt ihm auch. Thomas Blackstone, ehemaliger Bogenschütze und Lebensretter des „Schwarzen Prinzen“, in der Schlacht von Crécy, wo Englands Thronfolger hart bedrängt wurde und fast in die Hände seiner rachsüchtigen Verwandtschaft fällt, wird hier jedoch vom Autor ad absurdum geführt. Er bekommt, fast postum, einen Adelstitel. Sein Schwert ist das Wolfsschwert. Sein Motto „Unbeugsam bis in den Tod“, samt dem dazugehörenden verliehenen Wappen, könnte zwar vom englischen Prinzen in eine Realität umgesetzt worden sein, und hier hat David Gilman seinem historischem Verständnis eines Ritterschlages freien Lauf gelassen, und es könnte sogar so passiert sein. Im Gegensatz zu seinem Autor hat Thomas Blackstone allerdings weniger Verständnis für solche Gnadengeschenke. Sein Pferd heißt Pferd. Und das ist das hässliche Ross auf dieser Welt. Aber auch das zuverlässigste. Was ihn länger begleiten wird, als seine Frau und seine Kinder, deren Vater und Opa er getötet hat, als er, das erste Mal, französischen Boden betrat. Sein erster Toter war ausgerechnet sein Schwiegervater in spe. Bevor er seine Christiana kennenlernte und, mittelalterlich, ritterlich rettete, hat er punktgenau in die Familiengeschichte eingegriffen, ohne zu wissen, wer ihm hier zum Opfer fiel. Das kann ein familiäres Zusammenleben, nach dem bekannt werden einiger Tatsachen, doch etwas verdüstern. Dazu wird Jagd gemacht. Auf Thomas sowieso, der dem französischen König mal so richtig in die Suppe gespuckt hat. Und den „Schwarzen Prinzen“, der derzeit marodierend durch den Süden der Grande Nation zieht und sich, mit seiner gesamten Beute, mal die Sonne auf den Bauch scheinen lässt. Dem Thomas jetzt zu Hilfe eilen will, weil der „gute“ König der Franzmänner jetzt so richtig die Schnauze voll hat, und, nach so einigen Rundumschlägen in den eigenen Reihen, gedenkt den Toten, die er hinterlassen hat, die Schlacht sucht. Den „Schwarzen Prinzen“, der ja eigentlich zu seiner Familie gehört, jetzt dingfest machen will. Verwandtschaft, wie sie nicht wirklich praktiziert werden sollte. Nur ist hier die Frage, wer wählt. Sowohl den Zeitpunkt, als auch den Treffpunkt. David Gilman beweist ein gutes Gespür für Historie,mit dem er hier nachrecherchiert. Er geht aber auch eigene Wege und das mixt er zu einem guten Cocktail für, auch nicht nur, historisch interessierte Leser.
(Rowohlt)

ISBN 976-3-499-29077-0 581 Seiten 9,99€ (D) 10,30€ (A)

DAVID GILMAN – Das blutige Schwert