BUCHCOVERREZENSION
Wilde.f StadtAusWindUndKnochen

FRAN WILDE –

Stadt aus Wind und Knochen

Die Stadt aus Wind und Knochen sollte man sich auch so vorstellen. Gebäude aus Knochen erwachsen, um die der Wind herumpfeift. Und nicht nur Luftströmungen. Die Heimat von Kirit Densira und ihrer Mutter, einer stadtbekannten Händlerin und Kirits großes Vorbild bei ihrer jetzt bevorstehenden Berufswahl. Nur, ihre Flugprüfung muss sie noch bestehen. Fran Wilde beweist eine blühende Fantasie. Die Türme aus Knochen wachsen jedoch nicht einfach so. Man muss sich gut mit dem Rat der Stadt stellen, den Sängern, die mit Argusaugen über ihrer Schäfchenherde thronen und auf jede Verfehlung, und sei sie noch so klein, warten diese zu bestrafen. Das kann bei kleinen, nicht legitimierten, Äußerungen beginnen und bei dem, zum Beispiel nur, einen Gedanken an einen kleinen Diebstahl aus der Not gewachsen, weitergehen. Was für uns alltägliche Routine im Leben ist, kann in der Stadt aus Knochen, plus den Winden, die darin herumirren, drakonische Strafmaßnahmen nach sich ziehen, einschließlich von Sippen- und Gruppenhaft. Wen die Sänger aus dem Verkehr ziehen wollen, den sieht die Welt so schnell nicht wieder, wenn überhaupt. Und was so alles ein Verstoß sein kann, entscheiden die Sänger dann häufig operativ. Trotz allen Geschwafels von Traditionen und Überlieferungen. Alles natürlich zum Wohle der Stadt und der Gemeinschaft. Die Sänger. Die Beschützer der Stadt aus Wind und Knochen, vor der Bedrohung der Himmelsschlünde, die so eine Art aeronautischer Vielfraße sind, haben eine Art Gilde, eine privilegierte Oberschicht, gebildet und dulden keine Eigenmächtigkeiten. Statt jedoch dagegen aufzubegehren, machen sich die meisten Bewohner eher Selbstvorwürfe, da sie bei ihren „Fehlern“ immer wieder ihre Familie, Bekannten und Freunde in den Dunstkreis der Strafmaßnahmen mit hineinziehen, wobei man sich häufig fragt, worin denn nun der Fauxpas bestehen sollte. Aber da hat Fran gleich das Argument, andere Länder, andere Sitten. Kirit hat im Zuge der Himmelschlünde auf dem Balkon gestanden und kam, durch unglückliche Umstände, nicht mehr in das Innere des Turmes Densira. Ein Prachtexemplar dieser fliegenden Tintenfische kommt in einer Kampfkurve auf sie zu, aber Kirit kann ihn vertreiben. Eine Verfehlung sonders gleichen, denn der Kampf gegen die Tentakelflieger ist den Sängern vorbehalten. Einfache Turmbewohner haben sich, natürlich zum Wohle der Gemeinschaft, entweder von den Sängern retten, oder wenn es dann nicht ändern lässt, fressen zu lassen. Dass einfache Turmbewohner, die nicht der Spire der Sänger angehören, plötzlich in das Gewebe der Stadt eingreifen und den Himmelschlünden Paroli bieten, wäre bei uns bestimmt wünschenswert, oder auch nicht, ist jedoch, in der Stadt aus Wind und Knochen, ein Verbrechen der schlimmeren Art, wofür Kirit und auch andere, Nichtbeteiligte, selbstgerecht und auch zeitnah, zur Kasse gebeten werden. Aber das ist nicht ganz so schlimm, wie die Wahrheit zu sagen. Nur, um sich zu Wort melden zu wollen, muss man erst mal ein Duell mit einem Sänger herausfordern, und das kann, fast immer, nur in einer Niederlage der Optimisten enden, die sich als Amateure den Profis stellen wollen, ansonsten hat man die Schnauze zu halten oder verschwindet einfach. Die Geschichte der Stadt kennt da viele Geschichten. Fran Wilde hat eine Palette angeliefert und der Leser kann dann mal eine Runde auspacken. Auch wenn das Verständnis erst noch wachsen muss, aber das kann in der Fantasy-Literatur durchaus passieren. Wenn Euch ein kleiner Himmelschlund über den Weg fliegt oder läuft, dann adoptiert ihn.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52063-5 394 Seiten 12,00€ (D) 12,40€(A)