BUCHCOVERREZENSION
Fitzek.s AchtNacht

SEBASTIAN FITZEK –

Acht Nacht

Wenn jemand so durchgeknallt ist, solche Seiten zu schreiben, dann fällt einem, ganz spontan, unter anderen, auch Linwood Barclay ein, aber der ist ja, geografisch, viel zu weit weg. Hier, in Berlin, kann das NUR Sebastian Fitzek sein, der sein Unwesen ausspielt. Und so einige Thriller-Verfasser, fast, wie Koch- oder Kinderbuchautoren aussehen lässt. Obwohl er sich auch gerne mal in anderen Gegenden herumtreibt, für so einen Wahnsinn ist er geradezu prädestiniert. Schockierend bis ins Mark. Immer mit der schriftstellerischen Fähigkeit geadelt, oder doch verflucht(?), Dinge zu beschreiben, die den Leser Blut schwitzen lassen, obwohl der ja eigentlich, genussvoll verpackt, mit Katze, Dosenbier und wärmender Decke, auf seinem gemütlichen Leseplatz platziert und einem Buch in der Hand, dem Leben eher freudestrahlend entgegen sehen sollte. „Acht-Nacht“ dürfte diesem Idyll ganz schnell ein Ende bereiten, sollten seine, Sebastians, Visionen wahr werden. Und soweit ist er von der Wahrheit ja auch nicht entfernt. Internetmobbing ist mittlerweile gang und gäbe. Und das wird, in ungeahntem Ausmaß, Blüten treiben. Die solche selbstgerechten Rächer auf den Plan rufen werden, die alle Renegaten dieser Welt, seien es Robin Hood, Claus Störtebeker oder Stenka Rasin einfach nur blass aussehen lassen würden. Malaysische und somalische Piraten, der IS, die Roten Khmer, die Taliban und Nordkorea mutieren dabei zu friedlichen Nachbarn. Idi Amin würde, vermutlich, einen Nobelpreis für Familienzusammenführung bekommen. Und bei Facebook viele Freunde. Wirklichen, objektiven, investigativen Journalismus, der diesem Wahnsinn entgegenwirken könnte, gibt es ja heute auch nicht mehr, nur noch in solchen Büchern. Da ist es nur ein kleiner Schritt. Eine Hexenjagd zu organisieren. Den großen Schritt für die Menschheit, haben solche Typen völlig verpeilt. Aber sie sind stark. In der Gemeinschaft. Allein? Wären sie kleine, angstgebeutelte Hasen. Und merken nicht, dass hinter ihnen ein Manipulator steckt. Scheiße, ich hab meinen Job verloren, meine Frau/Mann ist stiften gegangen, mein Kind ist stinkig, weil ich nicht mal sein Taschengeld verdiene, ups, mein Anlagenberater ist gerade mit meiner besseren Hälfte und meinem Geld durchgebrannt, oder auch nur, ich fühle mich gelangweilt, mein Leben hat keinen Sinn, jammere hier oder dort rum, da kommt mir doch diese Type gerade recht, auf, dass ich an ihm/ihr mein Mütchen kühlen kann. Wenn wir diesen Knilch in die Finger bekommen, der im Internet so klein gedroschen wird, kann ich mich selbstherrlich und -gerecht verwirklichen und solche Loser ans Kreuz nageln. Nur? Die Frage! Wer hat solchen kleingeistigen Gestalten, gegen die man Nacktschnecken und Tausendfüßler als hochintelligent einstufen muss, solchen Blödsinn zwischen die Ohren, direkt ins …, ehm ja, da ist nichts! … geblasen? Bevor solche Trolle kapieren würden, um was es geht und genau das wird nicht passieren, macht der nächste Marienkäfer seinen Doktor in der Humanmedizin oder in der forensischen Pathologie. Nachdenken über das eigene Dasein wird mal ganz klein geschrieben, unleserlich. Dafür aber ein Mandat zu bekommen, einem anderen, den man ja nicht mal kennt, eine überbraten zu können, hat dann schon einen gewissen Reiz. Dass gerade Massenmedien manipulativ sind, wird, im Hinterkopf, schlicht und einfach vergessen. Und Sebastian Fitzek zitiert den Meister der Manipulation, der im Tausendjährigen Reich seinen Höhepunkt hatte. Stellt Euch das lieber nicht vor, dass Goebbels solche Medienleinwände gehabt hätte, wie sie heute den Alltag zieren und missbraucht werden. Joseph hätte seine wahre Freude, und eine neue Profession, gehabt. Auf der Website „Acht-Nacht“ darfst Du die Person benennen, die Du töten möchtest oder auch nur tot sehen willst, sollte ein anderer diesen Job ausführen. Diese Seite bereitet akribisch eine Jagd vor, die Menschen, hinterher, in wahllose Vampir-, Zombie-,Werwolf- oder Drachenjäger verwandeln wird, nur mit der Macht des Wortes der heimlichen, wie heimtückischen, Propaganda. Dem kleinen Mann, der zwar kein eigenes Gehirn mehr hat, der aber einen Blitzableiter braucht, für sein verpfuschtes Leben, suggerieren soll, dass er im Recht ist. Und Selbstjustiz eigentlich ein Menschenrecht sein sollte. Ob die Zielperson wirklich das Monster ist, als das sie dargestellt wird, spielt keine Rolle. Hauptsache ist, die Massen bekommen „Brot und Spiele“. Und der Manipulator seinen geschlechtsneutralen Orgasmus, dass er alles im Griff hat, die Spielregeln bestimmt. Sebastian Fitzek besucht die finstersten Plätze der (un)menschlichen Fantasien. Selbst die Bundesregierung soll mit diesem Spiel einverstanden sein. „Acht-Nacht“ suggeriert den Usern Straffreiheit, garantiert durch den Bundespräsidenten, den „Acht-Nächter“ zu erlegen. Einen völlig unmotivierten Mord zu begehen und dafür auch noch, als Sahnehäubchen, zehn Millionen Euro Kopfgeldprämie zu bekommen. Warum ist das nicht wirklich glaub-, wie unglaubwürdig? Herr Fitzek gibt Argumente, warum es so sein könnte. Auch welche dagegen, ohne Frage. Nur, wohin begebt Ihr Euch, mit Euren Gedanken, wenn Ihr Euch seine Seiten einverleibt. Und das werdet Ihr. Sobald Ihr nur die erste Seite aufgeschlagen habt. Sebastian wird Euch mit so manchen Dingen konfrontieren … Zumindest gibt es eine kleine Gefälligkeit von Sebastian Fitzek. Martin Schwartz ist wieder da. Wenn auch nur in einer Nebenrolle. Glaubt es, Ihr lest es bis zum Ende, man kann gar nicht anders.
(Knaur)


ISBN 978-3-426-52108-3  400 Seiten     12,99€ (D)  13,40€ (A)

SEBASTIAN FITZEK – Passagier 23 – Archiv Dezember 2014