BUCHCOVERREZENSION
McDermid.v Eiszeit

VAL MCDERMID –

Eiszeit

Val McDermid ist, mittlerweile, zu einem festen Faktor geworden,  wenn man Thriller lesen will. „Eiszeit“ reiht sich da nahtlos in ihr Werk mit ein. Die Frau hat´s ja faustdick hinter den Ohren, wenn sie den Leser wieder in eine verworrene Geschichte hereinzieht. Wobei sich der Titel wohl eher auf die derzeit recht angespannte Situation bezieht, die zwischen Carol Jordan und Tony Hill herrscht. Da sind frostige Temperaturen, weit unter dem Nullpunkt, schon Hochsommer und Carol will, nach dem Tod ihres Bruders und seiner Frau, dieses auch so aufrechterhalten. Sie renoviert die ehemalige Bleibe ihres Bruders und ist aus dem aktiven Polizeidienst ausgeschieden, hat sich eine Auszeit genommen. Und Toni Hill kann ihr mal kreuzweise den Buckel runter rutschen, sie gibt ihm die Hauptschuld an dem Massaker in ihrer Familie. Val McDermid hat da einige, durchaus, farbenfrohe Worte einfließen lassen. Auch die derzeitige Gewaltwelle, der mehrere Frauen zum Opfer fallen, lässt Carol kalt. Ihr Kokon ist hermetisch versiegelt. Dafür muss Paula ran, jetzt jedoch als Partnerin von DCI Fielding. Und Paula McIntyre muss feststellen, dass Frau Fielding zwar knallhart ist, ihr aber so ein gewisses Einfühlungsvermögen fehlt, nur, dass muss man zur Entschuldigung anführen, hat die gute Frau auch nicht das relativ unbegrenzte Budget zur Verfügung, das Carol und Paula noch ausbeuten durften, als sie noch zusammen gearbeitet hatten. Klar das Frau Fielding da einige Abstriche machen muss, aber vielleicht hätte sie doch mal zwischen durch auf Paula hören können und aus den Erfahrungen von Carol etwas für sich abkupfern sollen. Val McDermid treibt genüsslich einen Keil in die Ermittlungstruppe. Während Frau Fielding, etwas sichtbegrenzt, sich auf Tatsachen einschießt, die oberflächlich betrachtet durchaus Sinn ergeben könnten, schaut sie jedoch nicht über den Tortenplattenrand hinaus. Was für einiges Unverständnis bei ihren Unterstellten sorgt. Mehrere Frauen werden brutal getötet, darunter auch Bev McAndrew, eine Bekannte von Paula. Als Torin seine Mutter als vermisst meldet, steht Paula sofort Gewehr bei Fuß, sie weiß, das Bev niemals ihren Sohn allein lassen würde. Nur gibt es ja schon ein Todesopfer und Frau Fielding, mit (un)endlicher Weisheit gesegnet, gibt dem Mordfall den Vorrang, statt parallel dazu Ermittlungen anzustreben, immerhin fällt die vermisste Frau in das Beuteschema des Mörders. Carol Jordan allerdings auch und so wundert man sich nicht, dass DCI Fielding sich, gestützt auf „unwiderlegbare“ Beweise,  Blut auf der Jacke des ersten Opfers, und den Blindenstock, den gibt es gratis beim BER, sich auf Tony Hill, den Profiler, einschießt, der hier Stellvertreteropfer hinterlassen soll. Der Mann könnte nicht mal eine Fliege töten, die auf seinem Butterbrot High Live und High Five feiert und an seinem Bier eine entspannte Kur macht. Als treuer Leser will man hier sofort Hundekuchen spendieren, für Frau Fieldings Blindenhund. So oft wie er sich im Kreise dreht, kann er ja nur Hunger bekommen und so ein Hund ist ja auch nur ein Mensch. Paula sitzt zwischen den Stühlen. Tony kann sie so ein Verbrechen nicht zutrauen, aber die „blinde schwertschwingende Frau“ ist nun mal ihre Vorgesetzte, die ihre Karriere ruinieren könnte. Kampf der Loyalitäten. Paula ist am Scheideweg und Frau McDermid hat mal wieder bewiesen, dass mit oberflächlichen Betrachtungen, die scheinbar gut harmonieren könnten, keine Kriege zu gewinnen sind. Polizeiarbeit hat doch mehr Nuancen, als so mancher Ermittler sehen will. Und eine Erkenntnis gibt es gratis dazu, Tony Hill kann zwar nicht morden, aber als Erpresser macht er eine richtig gute Figur.

(Knaur)

ISBN 978-3-426-51519-8    507  Seiten  9,99€ (D)  10,30€(A)