BUCHREZENSIONEN

THOMAS FINN –

Dark Wood

Wer  schon immer der Meinung war, dass Realityshows im Fernsehen voll der Plunder sind, wird sich bei Thomas Finn wohl in den besten Händen wiederfinden. Egal, welches Format, Finn gibt Einblicke hinter so manche Kulisse. Aber „Survive“ soll ja etwas ganz „Neues“ werden. Hier feiern sich nicht, nur nutzlose, vorgebliche A-, B-, C-, D-Promis selbst, was ja nun, nicht wirklich, jemand wissen will, aber bei gelangweilten und ich-gestreamten Fernsehzuschauern bisher gut ankam, die für ein Autogramm von solch nutzlosen Gestalten auch noch Geld ausgeben würden. Nee, Thomas will ein „neues“ Format. Firmen, die kurz vor der Pleite stehen, haben hier die Chance, ihre Mitarbeiter in ein Duell mit der Natur zu schicken, um den drohenden Bankrott abzuwenden. Herr Finn kommt dabei recht informativ herüber und an einem Quäntchen Humor mangelt es dabei auch nicht. Die Herrschaften sollen ein paar Tage in Norwegens Urlandschaft Trollheimen verbringen, Aufgaben lösen, unter der Aufsicht der Produktionsfirma und deren Kameras, und sollen dabei Teamfähigkeit präsentieren. Allerdings ist das ein zweischneidiges Schwert. Alle „Survive“-Teilnehmer bekommen die Möglichkeit, in einem persönlichen Interview, über die Lage in der Firma, aus ihrer Sicht, zu sprechen. Thomas Finn generiert die Möglichkeit, sich mal so richtig über seine Kollegen auszulassen. Und so einige Teammitglieder nutzen das genüsslich, nur ob das dann hilfreich ist? Der Moderator, nebst Programmfirma, zerren so manch schwachen Charakter in die Venusfalle, auf das richtig schmutzige Wäsche aus dem Korb geholt wird. Und der gelangweilte, mit einfachen Rechen- und Geometrieaufgaben (1+1=5 ?, das Dreieck kommt ins Fach für´s Runde?) überforderte, Fernsehzuschauer mal wieder das herzliche Schaudern bekommt, wie dämlich doch andere sind, die sich in der Öffentlichkeit so zu blamieren. Gesagt, getan. Die Hamburger Werbeagentur „STUDIO Alsterblick“ schickt sechs, von acht, Mitarbeiter nach Trollheimen, Norwegen und, nach Einweisung durch „kompetente“ Angestellte der Filmfirma kann das Spektakel dann ja losgehen. Es winken fröhliche 500.000 € für die Werbe-Fuzzis als Bestandsprämie, wenn das Abenteuer für gut befunden wurde und, für den furchtlosen Sieger in der Einzelwertung noch einmal 50.000 €. Grund genug, für so manchen, hier richtig die Kübel auszukippen. Und die Bedingungen sind alles andere, als Teamwork-fördernd. Das ist Real-Fernsehen. Ein Problem dabei ist, Trollheimen hat ja nicht umsonst seinen Namen und wenn dann so einiges schief geht, dann hat man auf die Warnung der einheimischen Bevölkerung nicht gehört. In den nordischen Wäldern treibt sich etwas herum und das ist tödlich. Mehrere Menschen wurden dort als vermisst gemeldet und das schon seit Jahrzehnten! Herr Finn lässt so einige Gestalten ins offene Messer laufen, die sich, trotz der einheimischen Bevölkerungsmeinung, in diesem Gebiet mal mediennützlich machen wollen, um das Hartz-IV-TV wieder anzukurbeln. Nur geht es, bei ihm, nicht darum Heuschrecken zu verschmatzen, an einer  Schnecke zu lutschen oder einen Frosch zu küssen. Herr Finn hat eine reale Bedrohung des Lebens anzubieten. Ist das Team von „STUDIO Alsterblick“ dem gewachsen? Leute! Nehmt die Finger weg von „Goldenen Versprechen“. Dahinter steht nur jemand, der von Euch profitieren will und Euch in die Irre führen wird. Thomas Finn schreibt mal hinter den Kulissen von Hartz-IV-TV und dabei kann so einiges schief liegen. Thomas bringt da etwas Licht ins Dunkle. Und, gleichzeitig, zieht er eine Schneise der Verwüstung durch die Versprechen eines verlogenen Fernsehens. Was denn so alles passieren könnte, wenn man nicht richtig recherchiert hat, kann dann schon böse Folgen haben. Herr Finn ist auf Konfrontation, mit einem Fernsehen, das nur darauf aus ist, seine  Protagonisten lächerlich zu machen, die, im Zuge der Gewinnmaximierung durch gewissenlose Medienhaie, selbst nur verlieren werden.

(Knaur)

ISBN 978-3-426-51874-8    463  Seiten  9,99€ (D)  10,30€(A)