BUCHCOVERREZENSION
Roth.c AlsDerHimmelUnsGehoerte

CHARLOTTE ROTH –

Als der Himmel uns gehörte

Auf dem Cover ist ein kleiner Aufkleber, „Genau meins“. Besser hätte man es nicht treffen können. Charlotte Roth erzählt eine Geschichte, die man nie wieder vergessen wird. Und das Buch ein zweites Mal zu lesen, wird schon zur Pflicht. Jennifer bereitet sich im Jahr 2011 auf die Olympischen Spiele vor, die 2012 in Großbritannien stattfinden sollen, ihr Markenzeichen sind die Langstrecken im Stadion. Nur hat sie ein Problem, so dass ihr Trainer der Meinung ist, sie nicht wirklich starten zu lassen. Hier tritt Gregory auf den Plan, der selbst mit mehr als einer Tragödie in seiner Vergangenheit konfrontiert wurde, sich als Hilfestellung für die junge Frau anbietet, die dabei ist, sich selbst aufzugeben. Und sie, nach herzhaften Beknien und Überreden, dazu bringt, nach Mandeville zu fahren, wo ihre Urgroßmutter residiert. Alberta Bernhardt war, als Zuschauerin, bei Olympia 1932 in Los Angeles und als Aktive, im Bogenschießen für die deutsche Mannschaft, 1936 in Berlin dabei. Auch wenn die Handlungsaktiven von Charlotte fiktiver Natur sind, der Hintergrund und so einige Namen sind es nicht. Frau Roth lädt zu einer Zeitreise ein, einen Teil der sportlichen Geschichte nach zu erleben, der Menschen durchaus zusammen führen kann, zeigt aber auch schonungslos die Kehrseite, wenn die Politik der Meinung ist, sich irgendwo ran zuhängen, um ihre wahre Natur zu verschleiern, die Menschen und deren guten Willen nach Gutdünken zu missbrauchen. Charlotte lässt Alberta ihre Geschichte erzählen, von ihrer Geburt an, über ihre Kindheit, mit ihrer Zwillingsschwester Guste, bis hin zu der Zeit nach dem Krieg, als alle auf der Suche waren, wer und was in den Trümmern der zerstörten Welt noch übrig geblieben sein könnte, mit allen Höhen und Tiefen. Zusätzlich beschreibt Frau Roth die Anfänge der Paralympischen Spiele, recht anschaulich. Nebenbei flechtet sie die Erlebnisse von Jennifer und Gregory ein, macht quasi Zeitsprünge zur heutigen Zeit. Wo die Politik sich noch raffinierter an Sportereignissen heranzieht, die Wirtschaft sich solche Höhepunkte nicht entgehen lässt, milliardenschwer zu verdienen und der einfache Bürger so richtig hinter das Licht geführt wird. Wer Interesse am Lebenslauf der Goldmedaillengewinner im Springreiten bei der Olympiade 1932 in Amerika, Takeichi Nishi und seinem Pferd Uranos hat, sollte sich den Film „Letters from Iwo Jima“ von Clint Eastwood reinziehen. Frau Charlotte Roth hat ein hochinteressantes Buch abgeliefert, das man so schnell nicht aus der Hand geben wird, couragiert geschrieben, mit viel Herz. Im heutigen Kontext, einfach geil. Wenn draufsteht „Genau meins“, dann ist das auch genau so gemeint.

(Knaur)

ISBN 978-3-456-51664-5  593 Seiten   9,99€ (D)  10,30€ (A)