BUCHCOVERREZENSION
Winslow.d Savages

DON WINSLOW –

Savage – Zeit des Zorns

Werbung ist eine Art, beschissenen Dingen schöne Namen zu geben. So weit, so gut und wie wahr. Pornografie hingegen gibt schönen Dingen behämmerte Namen. Ist auch eine Philosophie. Ob man der so folgen kann, oder möchte, liegt in der Entscheidung des Lesers. Don Winslow macht sich jedenfalls keine Platte, das so rüber zu bringen. Mit seinem Schreibstil, der vermutlich Steven King erröten, oder vor Neid erblassen, lässt, marodiert er durch seine Seiten, ist eine wahre Pracht. Hat einen rotzigen Ton am Leibe, da treiben, vermutlich, die Blüten der Kirschbäume aus. Andere Pflanzen machen das hier in jedem Fall. Wer einen Krimi lesen will ist hier gut bedient, wenn man mit seiner Art der Mitteilung klarkommt. Don schnüffelt auf dem Weg eines Roadmovie, gepaart mit den Ansätzen zu einem ausgewachsenen Thriller. Dass er dabei vieles auf die leichte Schulter nimmt, spricht, eher, für ihn. Dem Unbedarften in Punkto Unterschiede bei Drogen, Dope, Gras oder wie auch immer es heißt, etwas Nachhilfe zu ziehen, hat sich Winslow auf die Fahne geschrieben. Ist wie Weintrinken. Nur dementsprechend differenziert. In der Herstellung selbiger, D`s und G´s, hält er sich allerdings auffallend zurück.  Erotisch zart besaitete Gemüter sollten „Savage“ im Regal stehen lassen, würden nicht wirklich mit seiner, Winslows, Art klarkommen. Oder man pirscht über seine Passagen hinweg. Und liest den spannenden Teil. Ben und Chon teilen sich die Arbeit, erster macht den Anbau  und die Herstellung oben genannter kulinarischer Leckerbissen, der zweite übernimmt den Rest. Sie sind beliebt, bei „Angestellten“ und „Kunden“, also alles im Lot. Nur das jetzt Drogenkartelle expandieren wollen. Und auf die kleine „Familienfirma“ aufmerksam werden. So ein spezielles Leckerli, wie B&C-Dope, mit komplett funktionierender Infrastruktur, kommt da gerade recht, sich ins gemachte Bett zu legen. Zur Polizei kann man, verständlicher Weise, in diesem Fall nicht gehen, aber seine Beziehungen nutzen, um Hintergründe und Fakten zu erhalten und analysieren. Da Ben und Chon unterschiedlicher Meinung sind, diese Probleme zu Händeln und wäre da nicht noch O gewesen, macht man erst mal gute Miene zum bösen Spiel. O, Ophelia, nennt die Frau nur niemals mit vollem Namen. O wird entführt, als Druckmittel gegen die beiden „Meisterköche“ eingesetzt, nur haben die, ohnehin schon von Querelen belasteten, Vollzeitdrogenbarone nicht mit dem Biss der zwei Freunde gerechnet und so gibt es ein paar nette Highlights, da haut es einen in die Ecke. Was als  Kinderspielplatzdrogenkrieg eingeläutet wird, entwickelt sich schnell zu einem flammenden Inferno, da fast jeder hier verdienen will oder muss. Winslow parodiert eher einen Thriller, Tränen in den Augen sind schon garantiert. Und er stellt ein Berufsbild vor, das man nicht mit einer Lehre erlernen kann und auch keinen Meisterbrief erwirbt. Oder man zur Arbeitsagentur gehen könnte, die einen weitervermittelt. Er zeigt, schonungslos, auf, dass ein Drogendealer in Berufsleben vor allem auf sich selbst gestellt ist. Einschließlich die Einnahmen  sicher zu stellen, als auch die Ausgaben zu verwalten, wie Altersvorsorge, Krankenversicherung, Miete, Strom und Gas. Plus ein paar Extras für die, nicht eingeplanten, aber doch irgendwie erwarteten, anderen Ereignisse im normalen Leben eines Dealers, pardon, Dienstleisters.

ISBN 978-3-518-46489-2  336  Seiten     9,99€ (D)   10,30€ (A)

Suhrkamp