BUCHCOVERREZENSION
Osborn.d ToedlichesExperiment

DAVID OSBORN  –

Tödliches Experiment

Dr. Frankenstein auf eine perfide, neu moderne, amerikanische(?) Art. In einem Geheimlabor werden Menschen, alle mehr oder weniger freiwillig natürlich, einen Kopf kürzer gemacht, allerdings wird der, ja … noch gebraucht. Der Rest wird, sichtbar für Familie, Freunde und Bekannte, beerdigt. Das Leben ist offiziell ausgelöscht. Der Kopf wird im Labor lebensfähig gehalten, soll, für die zum „Wohle“ der Menschheit forschenden Fraktion, eine gewisse Denkarbeit erledigen. Und das schneller, als es einem normalen Menschen möglich sein würde, immerhin hat der ja die „Bürde“ seines Körpers. David Osborn fördert ein sehr umstrittenes Thema zu Tage. Wie weit darf Forschung gehen? Wobei in seinem Roman das Kind ja schon in den Brunnen gefallen ist. In dieses Szenario schubst er Susan. Ihr Freund John Flemming, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Hirnforschung, „stirbt“, nach einem Verkehrsunfall und unterschreibt, freiwillig(?) einen Organspendervertrag mit Option auf ein „Weiterleben“, im Dienste der Wissenschaft. Er wird zu einem Kopf, ohne Körper, soll das Suchen und Finden vorantreiben. Und Susan bekommt von einem Bekannten das Angebot, genau in diesem Labor zu arbeiten. Sie wäre ein Gewinn, eher Garant, für das „Forschungsteam“, schließlich ist sie mit den Arbeiten Johns bestens vertraut, den sie für tot hält. Der Schock, den Geliebten so martialisch entstellt zu sehen und gleichzeitig zu erkennen, dass sie nur missbraucht wurde, ist, eher nicht, vorstellbar. Vor allem, weil zutage kommt, dass mit freiwillig, nicht wirklich freier Wille gemeint ist oder war. Osborn zerrt am Spannungsregler, bis der den Geist aufgibt, um eine Brücke zu legen, damit die volle Volt-Zahl das Gehirn des Lesers erreicht und sabotiert sämtliche Kontrollen der Stromstärke, für den vollen Genuss des auch letzten Ampere. Das Nachsehen hat ein einsames Ohm, weil man den Widerstand sehr schnell aufgibt. David zeichnet ein Bild, gruslig ohne Ende. Mit der Kaltblütigkeit der chirurgischen Scharfrichter hat man nicht wirklich gerechnet. Dazu kommt eine überdimensionale Portion Selbstherrlichkeit, die die Ausführenden in eine Position treten lässt, neben der selbst Dr. Mengele zu einem Messdiener verblasst. Hier offenbart sich, wie so oft, die Selbstgerechtigkeit unserer Gesellschaft, die Verbrechen anklagt, aber im Hinterzimmer noch einen drauf setzt. Noch grausamer wird, wo man dachte, das geht gar nicht mehr. Die Lehren Darwins und Mendels missachtend, den Eid des Hippokrates zu einem Witz degradierend, machen solche Leute unser Leben zu einer Ramschware. Unter dem Deckmantel der Geheimhaltung, aber ein paar von unseren Steuergeld-Abgreifenden wissen in jedem Fall davon. Osborn lässt es nicht dabei bewenden, er geht noch weiter. David brilliert nicht mehr nur, er thrilliert, dass dem Leser das Blut in den Adern stockt. Was, im Auge des Betrachters, harmlos begann, entpuppt sich als so menschenverachtend, dass man Saddam Hussein für den Nobelpreis, in Sachen Humanität, vorschlagen würde. Pol Pot und Stalin würden sich bei Facebook, Freunde gesucht, gegenseitig ausstechen. Was Osborn hier vom Stapel lässt, ist so inhuman, das der Tod nur eins bedeutet. Erlösung. Nur dann… wird es den nächsten, von uns, treffen. Die Frage, die sich stellt, wen? Dummheit, Geldgier, die Machtgeilheit, Gott sein zu wollen, überschatten unser Leben, das so wertvoll ist, und so missbraucht wird, wenn es nach der Meinung einiger, weniger Pappnasen geht. Nur haben diese Vollpfosten mehr Macht,  als wir das je hätten, da wir durch den Staat, nicht nur, dumm gehalten werden, sondern nach allen Regeln der Kunst der Politik, verarscht werden. Nach diesem Buch denkt man anders. Wortreiche und Wahrheit resistente Beteuerungen machen das nicht besser. Osborn ist ein couragierter Schreiber, dem man, ohne Bedenken folgt. Er klagt an und macht den Leser zu seinem Zeugen. Und kein Richter könnte davor die Augen verschließen, eigentlich. Nur sieht die Realität eher anders aus. Wenn solche „menschlichen“ Attribute zusammenkommen, um Licht zu produzieren, wäre eine Supernova die Finsternis pur. Gut dass der Pendragon Verlag, Bielefeld, ein gutes Auge hatte.

(Editionnova)

298 Seiten