BUCHCOVERREZENSION
Xiaolong.q ToedlichesWasser

QIU XIALONG  –

Tödliches Wasser

In einer Gesellschaft, die maximalen Profit propagiert, haben Menschen mit Idealen keine reelle Chance. Wirkliche Umweltaktivisten dürfen sich manchmal als Kriminelle fühlen, es sei denn, sie treten den „Grünen“ bei und schwafeln den gleichen Unsinn, wie diese „Ökos“. Nur in China, dem „schlafenden Riesen“, der sich mittlerweile räkelt und am Erwachen ist, werden solche Leute, außerhalb der Parteilinie stehend, als Verbrecher eingestuft und gnadenlos verfolgt. Ist nur gut, dass Qiu in Amerika wohnt und von dort aus seinen poesievollen, chinesischen Sherlock Holmes ins Rennen schickt, um mit ihm, Oberinspektor Chen,  dem Leser, nicht die nur traditionelle Literatur und Philosophie des Reiches der Mitte nahezubringen versucht, sondern auch einen engagierten Polizisten ins Bild setzen will, der trotz aller Schwierig- und Widrigkeiten, auf Recht und Gerechtigkeit setzt, was ihm, bei unseren „Grünen“ den Ausschluss garantieren würde. Xialong gibt seinem Topermittler, auf Anweisung einer hohen Parteikoryphäe, Urlaub im lauschigen Wuxi, im parteiinternen Erholungszentrum für die Großen der kommunistischen Chinakapitalisten, kurz hinter Shanghai, am malerischen, drittgrößten, Süßwasser-See der VR China, dem Taihu. Nur ist dieses Gewässer so verseucht, dass die Fische, die keinen Umzugsservice hatten, mit dem Bauch nach oben schwimmen. Für Grätentiere eine, eher, ungewöhnliche Haltung. Schuld an dieser Katastrophe sind die Abwasserentsorgungstechniken der Fabriken, in unmittelbarer Umgebung, deren Geschäftsführer so gewisse Worte, wie Nachhaltigkeit und Umwelt, nicht mal buchstabieren können, aber wenn die Yuans, Dollars, €uros und jede andere, respektable Währung rüberwächst, sich auf die rote Farbe ihres Parteibuches besinnen. Vor allem, weil sie jetzt privilegiert sind. Und da haben Leute, denen Leben viel bedeutet und sei es der kleinste Fisch, richtig schlechte Karten. Die Lehren Buddhas und die philosophischen Schriften Konfuzius werden mit Füssen, mit allem was man hat, getreten. Chen lernt Shanshan kennen, Umwelt-Ingenieurin, angestellt in der Chemiefabrik Nr.1, mit deren Obersten Größten Meister, Liu, sie gerade Zoff hatte. Xialong schildert es sehr farbenfroh, wenn man die düstere Seite der Palette bevorzugt. Börsengang und Umweltschutz sind nicht gerade Freunde und so kann man sich das „kollegiale“ Verhältnis der beiden selbst ausmalen. Qiu gibt ein großzügiges Bild, wie in China so manche Sache funktionieren könnte, was für den Leser jedoch Neuland ist. China ist zwar groß, aber für den Mittelklasseeuropäer immer noch ein Buch mit vielen Siegeln. Nur sind die Probleme aktuell und werden brennend. Liu segnet das Zeitliche, allerdings sehr unfreiwillig. Und schon gerät Shanshan ins Visier der Inneren Sicherheit. Mit einem Mord an „erfolgreichen“ Parteikadern, die sich gleichzeitig als Kapitalisten und Börsenmagnaten versuchen und das traditionelle Leben des chinesischen Volkes ad absurdum führen, kennt man keine Nachsicht. China muss wachsen und der Partei ans Bein zu pinkeln ist, gelinde gesagt, ein unentschuldbares Vergehen, das, egal auf welche Art, gesühnt werden muss. Oberinspektor Chen sitzt zwischen mehreren Stühlen, da er aber Gefühle für Shanshan entwickelt hat, entscheidet er sich für die Undercover-Arbeit. Immerhin gibt es hier nicht nur einen Mord aufzuklären. Helligkeit in so manche Dunkelheit zu bringen, dem hat sich Qiu Xialong verschrieben. Ob er sich bei den Funktionären der KP Chinas wirklich Freunde macht, darf bezweifelt werden. Aber immerhin gibt er so manchen Denkanstoß, den man aufgreifen könnte. Gerade wenn es um darum geht, das sich jemand, plötzlich und (un)erwartet, dann doch profilieren möchte.

(dtv)

ISBN 978-3-423-21429-2  302 Seiten     9,95€ (D)   10,30€ (A)