BUCHCOVERREZENSION
Cain.t Collateral

TOM CAIN  –

Collateral

Sam Carver wollte eigentlich zu Hause bleiben. Nur die Umstände bringen einen Punkt hervor, der ihn zum Handeln zwingt, auch wenn das Spiel abgekartet ist. Erst werden Nashörner gewildert, dann sterben auch Menschen. Tom Cain setzt auf einen Mann, der Prinzipien hat, aber ihn dann doch, recht blauäugig, durch die Botanik stolpern lässt. Als Killer ist seine Figur unschlagbar, zweifelsfrei. Nur in politischen Ränken und Intrigen ist er hilflos. So wird der Held eher zu einer tragischen Gestalt. Eins muss man Cain lassen, sein Buch ist spannend, bis zum bitteren Ende. Wenn man das Prädikat Thriller vergeben will, dann darf Tom hier eine, richtig große, Goldmedaille einheimsen. Er bastelt eine Situation heraus, wie sie in jedem Krisengebiet dieser Welt entstehen kann. Gerade, wenn eine Kolonialmacht abgelöst wird und dort etwas Neues wachsen soll, geraten so manche Interessen in Konflikte. Neue Diktatoren gehen auf den Kriegspfad, nur ist die Ausbeutung der Menschen jetzt gerechter, nur weil der Gewinnler nicht mehr weiß ist, sondern schwarz? Tom Cain ist bestimmt kein Freund von neuen Idi Amins, egal welcher Couleur, nur wächst sich die Gegenwart für den Süden Afrikas als so menschenverachtend heraus, dass Idi Amin bei Facebook, vermutlich nur noch Freunde hätte. Koloniale Methoden werden abgekupfert, brutale Vorgehensweisen gegen anders Denkende sind an der Tagesordnung. Alteingesessene Familien, die die Wirtschaftsgrundlage bilden, wenn auch mit kolonialistischem Hintergrund, werden systematisch vernichtet. Und hier soll Carver einschlagen, wie eine Bombe. Erst die Nichte eines Großindustriellen retten, was auch, wenngleich sehr spektakulär, sogar gelingt. Ein paar Jahre gehen ins Land. Jetzt entpuppt sich Tom Cain als ein ziemliches Schlitzohr. Soll Sam doch jetzt dazu überredet werden, in der ehemaligen Heimat der Nichte, einen Staatsstreich zu unterstützen um der „Demokratie zum gerechten Sieg“ zu verhelfen. Nun ja, er soll das Staatsoberhaupt ermorden, damit der Gegenkandidat auch mal zum Zuge kommt. Plus Rache für Klerks Nichte,  deren Familie ermordet wurde. Nur ist der Schein nicht immer auch Sein. Cain startet eine Achterbahn von Intrigen, Lügen und Geldgier, da jagt es dem Lesenden Schauer durchs Gehirn. Im Lande Malemba, im Süden Afrikas, geht alles den Bach runter, während sich ein paar Gestalten richtig gesund stoßen wollen, aber das ist nur die Spitze des Eisberges, die Tom offenbart. Die Fakten, nach denen Carver urteilen soll, passen perfekt. Und hier zeigt sich, das Sam als Mann der Taten, oder besser eine Ein-Mann-Armee, nach Afrika und Asien okkupieren soll, aber über keinerlei politisches Kalkül verfügt. Er ist die optimierte Waffe, die benutzt wird. Ob ihm das so gefällt, darf bezweifelt werden. Tom Cain nutzt schonungslos einen Mann aus, der zwar ganz gut auf sich selbst aufpassen kann, aber das Wort Lüge nicht kennt, den Wert von Loyalität aber umso besser, um dem Leser einen spannenden Roman zu kreieren. Gut das Tom Schriftsteller ist und kein Politiker. Und gut, dass es noch Löwen gibt.

(Bastei-Lübbe)

ISBN 978-3-404-16076-1   412 Seiten     9,99€ (D)   10,30€ (A)