BUCHCOVERREZENSION
Disher.g Vergeltung

GARRY DISHER  –

Vergeltung

Das erste, was man sich fragt, ist Garry ein Komiker oder will er wirklich einen Thriller schreiben. Nachdem Wyatt mal schnell fufzigtausend australische Dollar Schmiergeld aus dem Safe einer, ja lobbyfreundlichen, Politikerin gemaust hat, fällt ihm bei diesem Coup ein Schmuckstück in die Hände, das eigentlich in anderen Hemisphären schlummern sollte, heißer als Lava ist und eigentlich schon längst verhökert oder eingeschmolzen sein sollte. Hier kommt man dann doch schnell zur Schlussfolgerung, Garry will einen Thriller darstellen, aber eine gewisse Alltagskomik auch nicht missen lassen, kann ja wirklich jedem passieren, der gerade Lohngelder oder Schmierzusätze für korrupte Volksvertreter klaut. Da ist man ein ehrenwerter Einbrecher, Bankräuber, was auch immer und schon hat man Schwierigkeiten am Hals. Garry Disher gibt sich die Ehre, mal ein anderes „Berufsbild“ in den Mittelpunkt zu rücken, könnte der Nachbar sein, der einem gerade die Lohntüte entwendet hat. Und dann auch noch vollauf  entrüstet ist, dass man ihn, dem so „ehrlichen“, am Zeug flicken will. Und vor allem die eigenen Leute, die, natürlich, niemanden vertrauen. So gerät Wyatt in die Schusslinie, immerhin ist das teure Stück Gold schon als gestohlen gemeldet und er hat es nur zum zweiten Mal entwendet. Aber solche Besitzwechsel rufen natürlich beim „Eigner“ Unmut hervor, immerhin hatte man andere Pläne damit, als sich seine ehrlich geklaute „Habe“ wieder abnehmen zu lassen. Und schon gar nicht, wenn man ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft ist, nebenbei ein paar ungesetzliche Geschäfte macht und sich, neben seiner verantwortungsvollen Rolle in unserer Mitte, mal eben zu einem Gangsterboss erster Güte entwickelt hat. Garry hat mit seinem Buch zwar nicht das Rad des Thrillers erfunden, jedoch ein Szenario entwickelt, das so einige Schwachstellen in unserer, immer wieder hoch gelobten, Demokratie zeigt, wie skrupellose Gestalten mit allen nur erdenklichen Finessen ungestraft davonkommen und sich nebenbei noch ins Fäustchen lachen. Ob gewollt oder nicht, sei dahin gestellt, dieses Werk hat, trotz der ernsten Thematik, eine gewisse Hintergrundkomik. Immerhin sind die meisten handelnden Figuren, im Erst- oder Zweitberuf, Verbrecher, schuldig im Sinne der Anklage, die sich umkreisen wie tollwütige Hunde, sich gegenseitig des Verrats und Betrugs, (ups) Vorteilsnahme natürlich, verdächtigen und anklagen. Die Konsequenz ist ein gnadenloser Krieg, der in den Schatten unserer Gesellschaft ausgetragen wird, ohne Rücksicht auf andere. Könnte man menschliche Dummheit mit Inseln vergleichen, wäre Grönland nur ein Schaumfleck in der Badewanne.

(Knaur)

ISBN 978-3-426-62304-6   299 Seiten     7,95 € (D)   8,20 € (A)